Wir sind alle vom 2. Juni

WER SICH NICHT WEHRT, LEBT VERKEHRT!!!!!

Allemal war es die Jugend die sich sträubte gegen Bevormundung und Disziplinierung, gegen Elternhaus, Schule und Bundeswehr ...

Lange Haare und Aussteigen aus den Gesellschaftlichen Normen, und sei es nur dadurch, daß man sich mal die Jacke verkehrtherum anzieht, herumgammeln im Tiergarten oder an der Gedächtniskirche, ablehnen fester Arbeit und Ausflippen in Drogen und Musik, all das waren Anfänge eines Widerstandes, der sich in erster Linie gegen die in Deutschland erhalten gebliebene Vergangenheit richtete.

"ICH WILL NICHT WERDEN WAS MEIN ALTER IST!!!!"

Unsere Alten waren im Faschismus des III. Reiches Opfer oder Schuldige, und genau das wollten wir nicht mehr sein. Wir wollten uns nicht blind und stumm machen lassen. Wir wollten uns vorher wehren.

Als dann der Schah nach Berlin kam, feierte der Faschismus hier Verbrüderung. Einen faschistischen Diktator hier als Ehrengast wollten wir uns nicht gefallenlassen.

"Prügel Perser", die Leibwache des Schahinschah schlug mit langen Eisenstangen auf uns ein und dann als Ausdruck des sich in Deutschland weiterentwickelden Faschismus wird Benno Ohnesorg als Abwehr der Herrschenden gegen den Widerstand aus dem Volk erschossen.

War der am 2. Juni ausgeführte Mord am Demonstranten Ohnesorg tatsächlich ein historischer Einschnitt, oder waren die Folgen, wie ich sie in einer Provinzstadt der APO miterlebte, untypisch für die Entwicklung dieser Junitage? Sicher nicht. Die herrschende Macht hatte durch einen Kriminalbeamten einen Manifestanten bei offener Demonstration erschossen. Die Tat war eine logische Folge einer Regie, die damals genau aufgeklärt und sofort massenhaft begriffen worden ist. Daß die Zeremonie des Kopfschusses Benno Ohnesorg getroffen hatte, war willkürlich, statistisch zufällig; Die Zehntausende, die bis dahin an den Manifestationen der aufkommenden Massenbewegung teilgenommen hatten, begriffen schlagartig, daß sie für die herrschende Macht alle Ohnesorg waren. Wir wurden damals mit einer Leberwurst verglichen, die es durch besondere Art des Draufdrückens an bestimmten Stellen zum Platzen zu bringen galt, wenn wir demonstrierten. Das waren damals neue Lebenserfahrungen. Heute handelt es sich um alltäglichkeiten für die Massen, denn Putativ-Erschießungen und großangelegte Razzien werden heute von der Polizei praktisch an jeder Straßenecke ausgeführt. Freilich hat die herrschende Macht das Ritual des Tötens inzwischen verfeinert. 1967 vermochte sich niemand das lautlose Sterben in Etappen ausmalen, das heute in westdeutschen Gefängnissen praktiziert wird.

Was nach dem 2. Juni folgte ließ eine Reihe von Leuten den bewaffneten Kampf gegen die waffenstarrende Staatsmacht aufnehmen. Bennos Erschießung hat gezeigt, das sich der Staat nicht darum schert ob wir bewaffnet oder unbewaffnet sind, wenn wir vernichtet werden sollen.

Wir haben diesen Krieg nicht begonnen.

Den Krieg gegen die Völker der III. Welt, gegen Vietnam und Palästina haben die selben Bonzen angefangen und unterstützt, die uns in den Jahren nach dem 2.6. mit Notstandsgesetzen, 1968, Sonderkommandos von VS und BKA gegen "ausländischen Terror" 1969, Handgranatengesetz in Westberlin 1970, Zentralisierung der Polizeigewalt in BKA und Einrichtung von Computerzentralen 1970, Bürgerkriegsmanöver der Bundeswehr Wintex 1971, Radikalen-Erlaß 1972, Schwerpunktprogramm "innere Sicherheit" 1972, Verschärfung der Ausländergesetze 1972, Bundesgrenzschutz als "polizeiliche Eingreifreserve" 1972, Einrichtung der mobilen Einsatzkommandos 1973, Verteidiger-Ausschluß-Gesetz 1974, Erweiterung der internationalen Bullenzusammenarbeit in Europa 1975, Antiterrorgesetze (§129a terroristische Vereinigung) 1975, Maulkorbgesetz §88a 1976, unterdrücken wollen und unseren Widerstand den wir auf vielen Ebenen seit dem führen, zu brechen. Einige unserer Kämpfe seien hier benannt.

Quelle: Der Blues