Händeklatschen, so schnell wie Stiefel, die im doppelten Tempo marschieren.
Dann Bruder J.C.Crawford, der mit dem Gebrüll eines Pferdes predigt. Dies ist eine White-Panther-Kirche, Brüder und Schwestern! Ich will euch mit hoch erhobenen Händen sehen, ich will die Revolution dort draußen hören. Jetzt müssen wir Zeugnis ablegen. Seid ihr bereit? Ich gebe euch ein Ehrengeschenk:
D I E MC 5 !!!
Dies ist eine Schallplatte. Eine reale Sache aus einem Konzert. Versetz Dich ins Fillmore East, in Hitze und Licht gequetscht. Und in diesem Augenblick sprintet Rob Tyner, der Leadsänger der MC5 auf die Bühne, springt hoch in die Luft, sein Körper windet sich durch die strobe Blitze: Dann kommt er auf den Boden zurück und schreit:
KICK OUT THE JAMS, MOTHERFUCKERS!
Wenn Du das Album der MC5 noch nicht kennst, so gehe es Dir klauen. Besorg dir am besten schon mal ein paar Stereokopfhörer und investiere etwas Geld für eine ausreichende Menge Gift. Stell die Lautstärke voll auf, die Bässe 3/4 aufgedreht, die Höhen auf neutral, wenn Du alles beisammen hast. Und vor allen Dingen sorge dafür, daß du schön stoned bist.
Während der nun folgenden 40 Minuten wird auch die kleinste Spur Bewunderung, die Du für die 3000-jährige westliche Kultur bis dahin hattest, ausgelöscht und aus Deinem Kopf herausgeschlagen sein. Die MC5 ermöglichen den endgültigen Trip. Sie ficken deinen Verstand mit einem weißen Joker, und sie bleiben drin. Dann kommt der Punkt, der ganz natürlich erscheint, da Du Dich zu bewegen beginnst. Und die Musik beginnt im Kopf zu schmelzen, siedent und neue Formen annehmend. Du kochst über vor Schweiß und Energie, die Stöße formen sich um zu Deinem eigenen einmaligen Rhythmus, der eins wird mit der Musik. Sie hüllt Dich ein, und Du die Musik. Ein großes elektrisches und chemisches Aufwallen. Jetzt kannst Du fühlen, wie es sein würde, jeden Tag auf dem Höhepunkt eines Orgasmus zu leben.
Jetzt bist Du ein Mikrokosmos der Welt.
Du bist entfacht! Brenne!
Als im Herbst 1968 im Lincoln-Park in Chicago die Polizei verrückt wurde und die Menge mit Gummiknüppeln zusammenschlug, blieb eine Band ruhig auf dem Podium und spielte weiter: die MC5.
Norman Mailer war dort, und hier sind seine Eindrücke von der Band:
(aus dem Buch "Nixon in Miami und die Belagerung von "Chicago", vgl. auch entsprechende Stellen in "Do it" von Jerry Rubin)
Ein junger weißer Sänger startete mit seinem Song zu einem interplanetarischen, später galaktischen Flug ... der sound wand sich empor zu einem Vibrations-Klimax, einer Rakete gleich, die von innen heraus zerplatzt, die Allmacht des Geräuschs ähnlich dem Schwindelgefühl, das Dich an den Dampfkesseln eines Maschinenraums überkommt - es war der Schrei einer Bestie, die ganz Nihilismus ist, Baß und Schlagzeug trieben dahinter ihr eigenes Non-Stop geradewegs zum Ende allen Verstandes ... Man hörte den sound von Gebirgen, die in den Feuerkessel dieser Dezibel stürzten, Herzen zerbrachen buchstäblich, so als wäre dies der sound des Todes, der im Inneren explodiert, die Trommeln eines physiologischen Klimax beim Aufblasen des Geistes, und Kräfte der Zukunft, mächtig, charakterlos, so ungesund und verbrüht wie die Lavamassen, kamen aus der Urne der anerkannten Kulturen herausgeströmt und schickten das Gehirn auf eine Reise, die so vehement war, wie ein gesunder Tierkadaver, der durch eine Stromschnelle geschleudert wird, rasend schnell gedreht von einem Dämonen-Strudel, eine Lache des Aufschreis, eine virbrierende Disharmonie, ein elektrisches cresendo, das so laut brüllte, wie beim elektro-mechanischen Klimax dieses Zeitalters.
"Hey, think the time is right for a palace revolution / But where I live the game to play is compromise solution", singt Mick Jagger in STREET FIGHTING MAN: und wir denken an Brian Jones, aschgrau und allein am Dock sitzend. Doch Detroit (Motor City: Motor City Five: MC5) ist stark und militant. Die Hippies und die Schwarzen Panther respektieren sich gegenseitig, teilen Ihre Ansichten und fühlen sich politisch verbunden, Die MC5 sind jetzt das Emblem des Aufstands in Detroit geworden. Sie törnen uns mit lautem Getöse: und die Polizei weiß genau, daß Detroit unweigerlich in Flammen aufgeht, genau wie im Sommer 1967, wenn jetzt zu viele Verhaftungen wegen Potrauchens gemacht würden. Eric Ehrmann schrieb im "Rolling Stone": In Detroit und Umgebung gibt es mehr politisch engagierte Hippies, die mit allen möglichen Arten von Waffen ausgerüstet sind - Gewehre, selbst gefertigte Bomben, Tränengas, Gasmasken und Schutzhelme - als irgendwo sonst in den Vereinigten Staaten.
Die Polizei hat es in der Hand, ob Friede herrschen wird. Inzwischen, da noch Friede ist, befreien die MC5 ihre - und unsere - Energien.
Die MC5 spielen nun schon seit einer geraumen Zeit in Detroit und seiner Umgebung. Ihre neue Welle startete, als im März 1966 Allen Ginsberg, gerade aus Indien zurück, bei einem Konzert mit ihnen in Detroit auftrat. John Sinclair, damals ein post-Beat-entrepreneur, - Schriftsteller und Poet, bildete die Brücke zwischen Ginsberg und den MC5. Sinclair verband Ginsberg's Energien des Rock'n Roll - damals noch neu für Amerika. Beat traf auf beat. Damals führte Sinclair einen künstlerischen Workshop, der dann seinen Namen in Trans-Love Energies änderte. Diese neuen Energien wurden dann nach dem Feuer-Sommer 1967 in Detroit sichtbar. Die MC5 sind heute eine Band der Trans-Love Energies. Sie leben alle in einem großen Haus in Ann Arbor, wo auch ein gewalttätiges, radikales Blatt, The Fifth Estat, erscheint. John Sinclair ist der Manager der MC5 und gleichzeitig Informationsminister der weißen Panther Partei - Eldrige Cleaver's Gegenstück.
White Panthers? Richtig. Die Revolution ist jetzt, und sie transportiert keine Passagiere. Die Panther sind keine Rassisten. Also was wollen die Weißen Panther? Vielleicht gibts bei Sinclair ein wenig zu viel Echo von Ginsberg und Corso, doch Sinclair schrieb dies im "Berkley Barb": "1966 hörte ich Stokley Carmichael, wie er die 20 Millionen arroganten Schwarzen als Lösung allen Übels in Amerika bezeichnete. Und auch heute noch gibt es genügend arrogante schwarze mother fuckers in den Straßen Amerikas. Doch zum ersten Mal in der Geschichte Amerikas gibt es auch eine Generation visionär, besessene, weiße Mutterland-Drogen-Rock'n Roll Freaks, die endlich so weit sind, zusammen zukommen und ihre Frustration loszuwerden. Unser Programm für Rock'n Roll, Drogen und auf-der-Straße-Ficken ist ein Programm der totalen Freiheit für alle."
Wie sieht dieses Programm aus? Die Revolution ist ein Programm in sich selbst. Wie sieht diese Revolution aus. Hör noch ein wenig von der MC5 Musik.
Detroit ist eine Maschinen-Stadt: ein Ort, wo man nur gewinnen oder verlieren kann. Die MC5 machen diese unbarmherzigen Rhythm nutzbar. Sie bringen etwas Hendrix, The Who und Screaming Jay Hawkins in ihren eigenen sound, schmelzen und vermengen in mit Detroits unaufhörlichen Puls von Metall, Maschinen und Feuer. Sieh Dir zum Beispiel den Schlagzeuger Dennis Thomnson an:
Bis auf die Hosen völlig ausgezogen, mit Schweiß überströmt, der matt glänzend an seinem Körper hinuntergleitet. Der Krach geht nie zu Ende. Die Band spielt nur mit maximaler Lautstärke. Wenn Du eins wirst mit dem sound, beginnst Du zu rocken und zu rollen, und Du weißt, daß dies der Grad ist, bei dem wir alle leben werden, wenn wir einmal auf die andere Seite durchgestoßen sind.
Man muß mutig sein, wenn man stoned der Velvet Underground zuhört, denn sie tun mehr als nur durchstoßen. Sie beschreiben ihre eigene Welt auf der anderen Seite: Horror-Reisen von Würmern und Krebsen und ohne irgendeine Beziehung zueinander, und diese Welt kann, wenn Du stoned bist, sehr schnell in Dir real werden.
Die MC5 stoßen nur durch. Sie sind die einzige Band, die ihren Aktionen vorraus ist. Ihr Jet-Strom von Energien dirigiert, legt frei und erlöst Deine eigenen Energien. Genau das schreit Bob Tyner aus seinem Geist heraus, völlig ekstatisch, mit 130, 140 oder 150 Dezibel, wenn er den Schmerz-Grad erreicht, während die Verstärker zu zerbersten drohen, und das Publikum eins mit ihm wird, und Rob mit dem Publikum, so daß der Sänger die Imitation des Publikums wird, besessen von seiner eigenen Stärke, sich selbst und das Publikum und uns zu rütteln, zu wirbeln und zu läutern, so daß uns die Vision all unserer Welten mit Lichtgeschwindigkeit prägnant klar wird:
"Kick out the jams, yeah, kick out the jams KICK EM OUT KICK EM OUT"
Der Rest ist unsere eigene Angelegenheit. Wessen sonst?
Auch Jim Morrison von den DOORS besitzt diese Qualitäten, wenn auch auf einem niedrigeren Energie-Grad. Und wie die DOORS! so werden auch die MC5 1969 ganz groß in Amerika herauskommen, und in Europa wahrscheinlich kaum bekannt werden (Cos in sleeny London Town / There's just no place for a street fighting man)
Und ähnlich den DOORS, sind die MC5 ein enormer Rauschvermittler. Sie sind eine junge Band, mit einem Durchschnittsalter von 20-21 Jahren. Wahrscheinlich werden sie einmal eine Teenager-Band werden. Okay. Doch dann werden sie unmittelbar in die Köpfe der Kinder dringen. Rock zerstört niemals, im Gegenteil, er schafft geistige Autonomität. Mit der Musik der MC5 aufzuwachsen bedeutet, daß Toleranz der wichtigste Lebensinhalt sein wird und, daß kein Politiker mehr Deinen Verstand masturbieren kann. Sandy Pearlman beschrieb kürzlich im Village Voice den MC5-Aufruhr bei ihrem Gastspiel Weihnachten 1968 im "Fillmore East":
"Rock'n Roll ist kein politisches Instrument, Er ist auf autonome Weise mächtig. Politik ist eine Phase und eine Inspiration für den Rock, dessen Formen gänzlich autonom zu einer Energien-Befreiung und -Konzentration tendieren. Es ist klar bewiesen, daß diese Formen weit mehr Energien frei machen als die sogenannte Amerikanische Revolution."
Wir brauchen den Taoismus. Für einen Taoisten ist die Natur der Persönlichkeit untrennbar von der Natur der Weltschöpfung. Und für einen Taoisten-Priester - das Emblem des Volks - bedeutet eine schlechte Welt gleichzeitig, daß auch die Menschen schlecht sind. Also muß erst die Person geläutert werden, bevor es eine gute Welt gibt. Dieser Akt ist mehr als symbolisch: er ist der einzige Weg zur Lösung des Problems. Auch für uns sollte dies der einzige Weg sein. Wir müssen die Welt der Abstraktion, der Rationalisierung, der Prinzipien und der Ideologien abstreifen, und zwar von jeglicher Art verbaler und institutioneller Struktur-Kräfte. Wir müssen die Welt uns angepasst machen. Dann können wir uns entfalten: und die Welt kann sich entfalten. Dann sind wir wieder Menschen, und die Welt wieder menschlich. Die MC5 predigen darüber. Sie predigen zu uns allen und über unsere eigene Autonomie.
Taoismus:
Durch das Nichtstun soll der Mensch dem Tao (Tao = Einswerden mit dem Universum, Te = die wirkende Kraft, Körper, Stoff) näher kommen, wie überhaupt jegliche Reglementierung des menschlichen Lebens verneint und Versenkung gefordert wird.
Der Taoismus entstand etwa im 3. - 6. Jahrhundert vor Christi. Als sein Urheber wird Laotse genannt, der den Taoismus in seinem Werk "Tao-te-king" (=Buch vom Weg und seiner Wirkung) manifestierte.
Welche Bedeutung hat der Taoismus heute für uns? Laotse forderte die Abschaffung jeglicher Reglementierung des menschlichen Lebens, also die Abschaffung jeglichen Zwangs durch den Staat und des bürgerlichen Bewußtseins. Das bedeutet Herrschaftslosigkeit = Anarchie.
Laotse sagt auch, daß sich die Menschen in sich selbst versenken sollen. Diese Versenkung bedeutet Selbsterkenntnis und damit Erkenntnis des Universums. Diese Erkenntnis (Evolution) ist für die Revolution der physischen Lebensvorgänge unabdingbar. Nicht-Tun bedeutet also nichts zu tun, was gegen den Menschen und damit gegen die Natur ist.
"Wenn man ins Wasser geht, dann gibt es Wellen, und diese Wellen bedeuten Unruhe." (Laotse) Wer aber macht Wellen und damit Unruhe? Diese Unruhe ist Krieg, Unterdrückung, Ausbeutung, sowohl physisch als auch psychisch. Und für diese Unruhe sind alle Institutionen und Menschen verantwortlich zu machen, die gegen den Menschen sind. Also der Staat, die Kirche, die Wirtschaft. Also alles, was versucht, den Menschen in irgendeine Form der Abhängigkeit hineinzuzwängen. Ein Taoist hängt also nicht rum und dämmert, sondern erkennt die Ursachen der Unterdrückung und unternimmt etwas dagegen. Ein Taoist heute muß zwangsläufig Revolutionär sein.